Verkehrswende in Deutschland: Interview mit Frederic Rudolph vom Wuppertal Institut
Für unsere Interviewreihe zum Thema Verkehrswende haben wir mit vielen Experten aus den Bereichen Politik, Wissenschaft und Gesellschaft gesprochen. In diesem Interview kommt die Wissenschaft zu Wort. Genauer gesagt haben wir mit Dr.-Ing. Frederic Rudolph gesprochen. Er ist Senior Researcher am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie.
Herr Rudolph, was sind aus Ihrer Sicht die Hindernisse, eine nachhaltige Verkehrswende herbeizuführen?
Das größte Hindernis ist weiterhin die motorisierte Individualmobilität. Der Trend geht seit Jahrzehnten hin zu mehr Pkw, größeren Pkw und immer längeren Distanzen. Auch der Flugverkehr nimmt zu. Die Pandemie hat einiges verändert – vielleicht wird eine positive Konsequenz dieser Krise sein, dass wir in Zukunft unsere Mobilität etwas nachhaltiger gestalten werden: Mehr Homeoffice, mehr Fahrrad und weniger Flugreisen. Es gibt noch einen weiteren Hoffnungsträger: Die Elektromobilität nimmt momentan so richtig an Fahrt auf und es werden in naher Zukunft kaum noch Pkw mit reinem Verbrennungsmotor verkauft werden. Ein großes Sorgenkind bleibt aber der Güterverkehr, der nimmt nämlich stetig zu und technische Lösungen jenseits des Verbrennungsmotors sind da etwas komplizierter.
Der Anteil des Fahrrads am Verkehrsaufkommen in Deutschland soll steigen. Zurzeit werden in Deutschland rund 11 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad erledigt. Länder wie Dänemark (18 Prozent) und die Niederlande (27 Prozent) zeigen, dass hier noch Potenzial nach oben besteht. Welche konkreten Handlungsempfehlungen erachten Sie als sinnvoll?
Die Politik von Bund, Ländern und Gemeinden wurde im letzten Jahrzehnt viel fahrradfreundlicher. Vor allem Städte haben es vermocht, in den letzten Jahren eine attraktive Radverkehrsinfrastruktur zu gestalten. Hier gilt es weiterzumachen. In den weniger urbanen Gebieten abseits der touristischen Strecken gibt es aber Nachholbedarf. Das haben die Bundesländer inzwischen erkannt, daher wird sich da in naher Zukunft etwas positiv verändern. Förderung des Radverkehrs bedeutet aber auch, restriktiver mit dem Auto umzugehen. Dies bedeutet im Kern: Es muss teurer werden, weniger Platz zugewiesen bekommen und angemessen langsam und vorsichtig fahren.
Gibt es in Bezug auf das Fahrrad schon Ansätze oder Beispiele in Deutschland, die Sie als besonders zielführend bezeichnen würden?
Es gibt viele gute Beispiele. Aber neben Leuchtturmprojekten muss flächendeckend das Fahrrad gefördert werden. München ist da eine Vorreiterstadt: Bei jedem Straßenumbau werden die Belange des Fahrrads als erstes geprüft. Es geht um ausreichend breite Fahrradwege und immer um Verkehrssicherheit.
Welches Fahrrad fahren Sie und wofür nutzen Sie es hauptsächlich?
Ich fahre ein ca. 10 Jahre altes Stevens City Bike und nutze es für kleinere Einkäufe sowie zum Besuch von Freunden. Ich fahre aber auch sehr gerne mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Überblicksartikel 'Die Verkehrswende in Deutschland'Matthias
Schon als Kind im flachen Ostfriesland war das Rad das Fortbewegungsmittel Nr. 1.
Mittlerweile hat es ihn ins Rheinland in den Großstadtdschungel Düsseldorf verschlagen, aber auch hier hat sich eines nicht geändert: Das Bike ist immer dabei. Neben den alltäglichen Touren fährt er regelmäßig mit dem Rennrad in den niederrheinischen Weiten.