HERR Nückel, WIE IST IHRE MEINUNG ZUR VERKEHRSWENDE?

Verkehrswende in Deutschland: Interview mit Thomas Nückel (FDP)

Für unsere Interviewreihe zum Thema Verkehrswende haben wir mit vielen Experten aus den Bereichen Politik, Wissenschaft und Gesellschaft gesprochen. In diesem Interview haben wir mit Thomas Nückel, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag NRW, gesprochen.

Verkehrswende Deutschland Interview mit Nückel FDP

Herr Nückel, was sind aus Ihrer Sicht die Hindernisse, eine nachhaltige Verkehrswende herbeizuführen?

Zunächst sind es die einseitigen Erwartungen der Anhänger der verschiedenen Fortbewegungsarten, die die Planer alle gleichzeitig erfüllen sollen. Die Realität ist: Der Um- und Ausbau von Infrastruktur dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Es gibt ja lange Planungszeiten- und Einspruchsmöglichkeiten.

Schließlich muss man feststellen, die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, was das jeweils richtige Verkehrsmittel für ihren konkreten Mobilitätsbedarf ist.  Man muss also attraktive Alternativen schaffen. Eine überzogene Verbots- und Bevormundungspolitik lehne ich ab. Eine Reduktion des urbanen Individualverkehrs allein auf das Fahrrad würde allerdings die Lebensumstände tausender Bürger, insbesondere der Pendler, missachten. 

Der Anteil des Fahrrads am Verkehrsaufkommen in Deutschland soll steigen. Zurzeit werden in Deutschland rund 11 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad erledigt. Länder wie Dänemark (18 Prozent) und die Niederlande (27 Prozent) zeigen, dass hier noch Potenzial nach oben besteht. Welche konkreten Handlungsempfehlungen erachten Sie als sinnvoll?

Wir haben bereits jetzt über 30.000 km Radwege in NRW. Es besteht aber in der Tat noch Potenzial. Zunächst geht es darum, bestehende Wege zu verbessern. Mit dieser Infrastruktur verhält es sich nicht anders als mit der Vielzahl der Straßen im Land: viele sind marode und müssen saniert werden. Die Landesregierung gibt deshalb ein Gutachten in Auftrag, dass das bestehende Netz und seinen Zustand ermitteln soll. Es soll dann auch Lücken im Netz identifizieren. Dort müssen wir dann mit Neubaumaßnahmen ansetzen. Wir benötigen in den Städten mehr Fahrrad-Tiefgaragen und Erleichterungen im ÖPNV für Radfahrer.

Die von CDU und FDP getragene Landesregierung hat aktuell ein Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz in Erarbeitung. Auch das wird ein wichtiger Beitrag sein, um den Radverkehr attraktiver zu machen. Überhaupt haben wir einiges für das Rad getan, was vor Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre: wir haben mit aktuell 54 Mio. € deutlich mehr in den Radwegeausbau gesteckt, als die rot-grüne Vorgängerregierung das je getan hätte. Ein Bürger kann nur dann auch wirklich frei wählen, wenn er taugliche Alternativen vorfindet. Von einer digitalen, multimodalen Vernetzung der Verkehrsräume profitieren alle Verkehrsteilnehmer und damit auch ÖPNV, Fußgänger und Radfahrer.

Gibt es in Bezug auf das Fahrrad schon Ansätze oder Beispiele in Deutschland, die Sie als besonders zielführend bezeichnen würden?

Solche Ansätze gibt es schon in NRW: nehmen sie nur das herausragende Beispiel Münster, der Universitätsstadt, wo ein signifikant hoher Anteil des Modal Split auf das Fahrrad entfällt und wo Sie eine entsprechend stark ausgebaute Fahrradinfrastruktur vorfinden.

Nehmen Sie andererseits mal die Kreise Kleve und Viersen, wo es ein System von grenzüberschreitenden Radwegen in die Niederlande gibt. Dies wird vor allen Dingen touristisch genutzt.  Die im Ruhrgebiet auf den Weg gebrachte Entwicklung von Radschnellwegen gehört auch dazu.

Zielführend finde ich auch die Schaffung von zahlreichen Radstationen, die oft an Bahnhöfen entstanden sind. Die bieten mit ihren Abstellmöglichkeiten sowie ihren Serviceangeboten ein echtes Plus. Auch das Angebot an Leihrädern ist ein großer Fortschritt, weil er Gelegenheitskunden eine gute Möglichkeit gibt, in unseren Städten voranzukommen.

Welches Fahrrad fahren Sie und wofür nutzen Sie es hauptsächlich?

Ich fahre ein ca. 15 Jahre altes Fahrrad der Marke „Eigenbau“ mit Teilen von Herkules, welches ich am Wochenende für Einkäufe und Freizeitfahrten nutze und das mich zweimal im Jahr sicher zur niederländischen Küste trägt. Ich fahre kein Auto. Dafür nutze ich nahezu täglich die Bahn. Und an den Bahnhöfen greife ich mir – wenn möglich – ein Leihrad. Die Marke ist mir dabei egal.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Überblicksartikel 'Die Verkehrswende in Deutschland'
Veröffentlicht am 05. März 2021

Matthias

Schon als Kind im flachen Ostfriesland war das Rad das Fortbewegungsmittel Nr. 1.
Mittlerweile hat es ihn ins Rheinland in den Großstadtdschungel Düsseldorf verschlagen, aber auch hier hat sich eines nicht geändert: Das Bike ist immer dabei. Neben den alltäglichen Touren fährt er regelmäßig mit dem Rennrad in den niederrheinischen Weiten.

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